Martin Kippenberger Biografie
Das kurze Leben Martin Kippenbergers, Enfant terrible der zeitgenössischen deutschen Kunstszene, war geprägt von einer unauflöslichen Spannung zwischen seiner selbstzerstörerischen Persönlichkeit und seinem erstaunlichen Talent. Einfallsreich und streitlustig, schlugen seine natürlichen Fähigkeiten als Künstler und Selbstdarsteller eine Schneise der Energie und des Humors durch die Kunstwelt der achtziger und neunziger Jahre. Er ging an die Grenzen des Zumutbaren und scheute sich nie schwierige Fragen zu stellen, wie etwa, was es bedeutet Künstler, oder gar Deutscher zu sein. 1975 kaufte er eine Tankstelle in Brasilien und nannte sie unverfroren „Tankstelle Martin Bormann“, nach Hitlers flüchtigem Privatsekretär, und installierte sogar einen Anrufbeantworter, der Kunden mit den Worten „Bormann Gas“ begrüßte.
Martin Kippenberger wurde 1953 geboren- der einzige Junge in einer Familie von fünf Kindern- und erbte, nachdem seine Mutter bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen war, genug um davon leben zu können. Produktiv und fleißig, versuchte er sich zunächst in der Schauspielerei und war sogar kurzzeitig Punkmusiker bevor er sich für die Kunst entschied. Seit seinem Tod durch Leberkrebs 1997- es wurde behauptet, er hätte sich für zwanzig Jahre der maßlosen Ausschweifung verschrieben- wächst sein Ruhm unaufhörlich und seine Werke sind inzwischen heiß begehrt.
Martin Kippenberger beschäftigte sich mit Konzepten der Selbstmythologisierung, der Ideologie und der Originalität und stellte die Vorstellung des alles überragenden Künstlers in Frage, obwohl er selbst der zentrale Gegenstand vieler seiner Arbeiten war. Er gab immer den Clown und machte dadurch sein eigenes Leben zu einem permanenten Kunstwerk. Sein Freund, der Künstler Albert Oehlen, sagte einst über ihn: „Den ganzen Tag hindurch und mit seinem ganzen Herzen glaubt er wirklich an nichts anderes als die Kunst.“ Es ist diese totale Hingabe, gepaart mit einem tiefliegenden Zynismus gegenüber der Kunstwelt, die Kippenbergers Werk so einzigartig in der Kunstgeschichte macht, angesiedelt zwischen Schmerz und Optimismus, Verbitterung und Schärfe, Aggression und Einfühlsamkeit.
Fünf Jahre nach seinem Tod hatte Martin Kippenberger eine Einzelausstellung im Tate Modern, London, gefolgt, 2009, von einer Ausstellung mit dem Titel „The Problem Perspective“ im MoMA PS1, New York, als auch einer prestigereichen Retrospektive im Hamburger Bahnhof, Berlin, im Jahr 2013. Das Maltalent des Künstlers wurde sowohl gehemmt als auch beflügelt durch seinen Glauben an den vielbeschriebenen „Tod der Malerei“. Kippenberger ist nun zu jener Kultfigur geworden, nach der sich die Kunstszene anscheinend immer sehnt; das herausfordernde und bitterlich ironische Werk, das er hinterläßt, fasziniert und fesselt weiterhin.