Was ist eine Aquatinta?
Die Aquatinta, eng mit der Ätzradierung verwandt (s. Was ist eine Radierung?), ist hervorragend geeignet, um über Flächenätzung Halbtöne zu erzeugen. Sie gilt als eine der malerischsten Tiefdrucktechniken. Hierbei wird eine Metallplatte, in der Regel aus Zink oder Kupfer, zunächst entfettet und dann mit pulverisiertem Asphalt, Kolophonium oder Harz bestäubt. Anschließend wird die Druckplatte von unten erhitzt, sodass die feinen Partikel aufschmelzen und im ausgehärteten Zustand säurebeständig werden. Es ergibt sich eine raue Oberfläche mit offenen und gedeckten Punkten. Im darauffolgenden Säurebad wird die Platte zwischen den aufgebrachten Körnchen angegriffen. Je länger die Ätzzeit, desto größer die Vertiefung und desto dunkler der Farbton, der später gedruckt wird. Um verschiedene Tonwerte zu erhalten, werden mehrere Ätzungen nacheinander durchgeführt und jeweils die Partien, die nicht dunkler werden sollen, mit Pinsel und Lack abgedeckt. Nach den Ätzvorgängen wird die Aquatinta-Platte vom aufgebrachten Staub und Lack befreit. Wie bei der Radierung wird anschließend Farbe in die Vertiefungen der Platte eingebracht und mit Hilfe einer Tiefdruckpresse auf ein angefeuchtetes Papier gedruckt.
Bei der Sugar-Lift-Aquatinta oder Reservage malt der Künstler das Motiv mit Pinsel und konzentrierter Zucker- oder Gummiarabikumlösung direkt auf die saubere, entfettete Druckplatte. Nachdem die Zeichnung getrocknet ist, wird vorsichtig ein Abdecklack über die Platte gegossen oder gesprüht. Sobald auch diese dünne Schicht getrocknet ist, wird die Patte in warmem Wasser oder einer Essig- oder Zitronensäurelösung eingeweicht. Nach einiger Zeit quillt der Zucker auf und der Abdecklack springt genau an den Stellen ab, an denen er wegen der Absprenglösung nicht auf der Metallplatte haften konnte. Die Ätzung der freigesprengten Stellen findet nun wie gehabt im Säurebad statt.
Bei der Spit-Bite-Aquatinta oder Pinselätzung wird direkt mit Säure auf der Aquatinta-Oberfläche gemalt. Um die Ätzung rechtzeitig stoppen zu können, sollte ein Wasserbad bereitstehen.
Die Aquatinta-Technik wurde zwischen 1765 und 1768 von Jean Baptiste Leprince in Paris erfunden. Bis heute ist sie lebendig geblieben und ständig weiterentwickelt worden. Vielfach wird sie mit der Radierung kombiniert. Beispiele für Werke, in denen das Aquatintaverfahren zum Einsatz kommt, sind Martin Kippenbergers Vorne, 1996, Peter Doigs Pelican, 2004 oder Matthew Ritchies Sea State Two, 2009.
Glossar der Druckgrafik und Editionen
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